Station 2: Wiederaufbau 1822

Denkmal

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Informationspunkte:


- Wohnhaus Weststraße 23


- Wohnhaus Weststraße 32: Wohnhaus Bürgermeister Clemens Dham; ehemaliges Internat


- Wohnhaus Weststraße 33





Fachwerk-Doppelhaus in der Weststraße 38.




Auswertung einer Feldskizze des Regierungsgeometers Schmitz vom Dezember 1822.




Anlage Schmallenbergs in den 1830er Jahren (Auswertung von Flurkarten von 1831 und Flurbüchern von 1834).




Schmallenberg um 1925.




Schmallenberg um 1978.




  Wohnhaus in der Weststraße 11.




Eingang zum Wohnhaus in der Weststraße 11.




Denkmalgeschütztes Bürgerhaus in der Weststraße 32.




Schützenfest: Zug durch die Weststraße 1912.




Die Weststraße im Winter, 30.12.1923.




Die Weststraße im Winter 1965.

Adresse

Station 2: Wiederaufbau 1822

Weststraße 23/32/33

57392 Schmallenberg

Links

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Der Brand von 1822


Am 31. Oktober 1822 vernichtete ein verheerender Stadtbrand einen Großteil der 151 Häuser Schmallenbergs. Er brach im Süden der Stadt in der Nähe des „Stübben Haus“ aus, das neben dem Schmalen Haus und dem heutigen Rathaus stand. Das Schmale Haus (heutiges Stadtarchiv) ist eines der wenigen, das den Brand überstanden hat.


 



  • Hier können Sie den Bericht des Chronisten Arnold Dham lesen.
    „Vormittags um 10 Uhr, wo mehrere Bürger verreiset und ausgegangen waren, erging der Ruf Feuer; die Brandglocke wurde gezogen. Nun brach das Feuer unten in der Stadt an Stübben Haus aufm Platze aus, welches gerade das letzte Haus war und nach Südost stand. Der Wind trieb die lodernden Flammen gleich auf Hermes Gebäude und das Haus. …. Wie ein Blitz dehnt sich das Feuer aus und in wenigen Minuten sah man Vor- und Hinterschulten, auch Groetels Haus in lichten Flammen (…). Es war nicht möglich, dem Feuer bei Abgang des Wassers Widerstand zu leisten. Obschon aus den benachbarten Orten die Menschen, um Hülfe zu leisten, herbeiströmten, so konnte nichts angefangen werden, als dass Mobilien gerettet wurden; denn das Feuer wurde durch den Wind in möglichster Geschwindigkeit bis auf die Mittelstraße [heutige Weststraße von der Kirche bis zum Internatsgebäude] und Hinterstraße [nicht mehr vorhanden, westliche Parallelstraße der heutigen Weststraße] gejagt. Somit sah man die Flammen kreuzweis in den Straßen wüten, sodass keiner mehr die Straßen passieren konnte. In zwei Stunden lagen 131 Häuser mit allen Früchten, Lebensmitteln, Fourage [Viehfutter] und Mobilien im Schutte und keiner konnte mehretwas retten. 31 Keller, welche feuerfest waren, blieben gut; alles übrige aber war zusammengestürzt, und alles, was darin war, wurde verbrannt (…)Das erschröcklich Brausen des Windes, das Gehäule und Schnaufen der Flammen, das Geknitter der Früchte, das Krachen der einstürzenden Häuser, die aufscheingende Flamme von der vielen Fourage setzten die Bürger in die größte Furcht und Angst, und schienen ganz betäubt zu seyn. Sie hatten sich rings um die Stadt gelagert, jeder bei seinen geretteten Sachen und mussten mehrere Nächte unter freiem Himmel liegen, bis sie Aufdach in den benachbarten Dörfern fanden. Das Vieh lief auf den Feldern und Gärten ganz verworren durcheinander und brüllete unerört.“ [Dham, Franz Arnold, Chronica Schmallenbergensis, in: Schmallenberger Heimatblätter 23/1970, S. 9.]


 


Von 151 Häusern wurden 132 zerstört. Stadtbrände gab es Mittelalter und der frühen Neuzeit bei den engstehenden, hölzernen Häusern häufig: Ein Funkenflug und günstige Windbedingungen reichten, um eine ganze Stadt in zwei Stunden in Schutt und Asche zu legen. In Schmallenberg brannte es 1608, 1732 und 1746; 1822 blieben aber nur gerade 19 Wohnhäuser und die Pfarrkirche erhalten. Deshalb wurde die Stadt völlig neu gebaut.


Neubau der Stadt von 1822-1825


Die Welle der Hilfsbereitschaft aus den umliegenden Dörfern und Siedlungen war groß: Eine Liste vom November 1822 enthält Hilfsgüter (Brot, Kartoffeln, Hemden, Frauen- und Kinderkleider, Fleisch und Wurst), die gespendet wurden. Betroffene fanden bei Verwandten Unterschlupf oder überwinterten in den notdürftigsten Umständen in den Ruinen ihrer Häuser.Der Wiederaufbau - oder besser - Neubau der Stadt erfolgte von 1822 bis 1825 anhand eines Gesamtplanes, der geprägt war von der zeitgenössischen klassizistischen Architektur mit ihrem gestalterischen Prinzip der Achsensymmetrie. Zwei parallel verlaufende Hauptstraßen in Nord-Süd-Richtung (Ost- und Weststraße) wurden durch fünf senkrecht dazu angelegte Querstraßen verbunden, die an einem Gartenring am Ort des früheren Festungsrings endeten. Die in diesem Leitersystem angelegten Straßen wurden zum Schutz gegen mögliche Feuer breiter angelegt. Jedes einzelne Haus wurde nach klassizistischen, achsensymmetrischen Gesichtspunkten zweigeschossig und in drei- bis fünfachsiger Bauweise errichtet: Dabei liegen Fenster, Türen und Treppenaufgänge achsensymmetrisch. Die traufenständigen Häuser weisen fast alle eine Dachneigung von 42-47 Grad auf und betonen durch Treppenstufen oder Geländerführung stets die Mittelachse. Die Häuser verwenden Schiefer zur Vertäfelung und Bedachung und weisen weißlackierte Kranzgesimse und Fensterrahmen auf. Die neu geschaffene, kompakte Stadtsilhouette mit den symmetrischen Straßenfronten ist weitestgehend bis heute intakt geblieben.Die  neue Stadt wurde nun auf einer größeren Fläche als die alte errichtet, da grundsätzlich freistehende Häuser gebaut wurden. Zudem wurden die Straßen breiter angelegt. Die konsequent begradigten, breit vermessenen Straßen schnitten sich in rechtwinkligen Kreuzungen, die freistehende Einzelhausbauten in Traufenstellung zur Straße ergaben linear ausgerichtete Häuserfluchten. Zu den zwei parallel geführten Hauptstraßen in Nord-Südrichtung kamen fünf Quergassen, die sackartig an einem Gartenring im Zuge des alten Festungsgürtels endeten.  Der klassizistische Wiederaufbau der Stadt Schmallenbergs gilt neben denjenigen der Städte Arnsberg und Minden als beachtliche städtebauliche Leistung des frühen 19. Jahrhunderts.


Mitwirkung lokaler Politiker


In Schmallenberg  war Anfang Dezember 1822 von der Arnsberger Behörde eine vierköpfige Baukommission gebildet worden, die dem Mescheder Landrat unterstand, den Stadtneubau zu leiten hatte und sich dabei an die Bauinstruktionen der Regierung zu halten hatte.  Mitglied und Vorsitzender dieser Kommission war Amtsarzt Dr. Clemens Dham, der lange als Urheber und geistiger Kopf der neuen,  symmetrisch ausgerichteten und klassizistisch  ausgerichteten Stadtanlage galt. Die Kommission hatte den Wiederaufbau zu leiten: Sie beaufsichtigte die Handwerker, hatte für das Material zu sorgen, die Rechnungsführung wahrzunehmen und war unmittelbarer Ansprechpartner der königlichen Kreisbehörde in Arnsberg.


Plan und Entwurf für den Stadtneubau Schmallenbergs entstanden im Mescheder Landratsamt unter Regierungsgeometer Schmitz und wurden von Regierungsbaurat Clemen begutachtet. Ende Dezember 1822 war Clemen zusammen mit dem Mescheder Landrat Pilgrim in Schmallenberg, um dem Stadtvorstand den provisorischen Entwurf vorzustellen. Dieser Plan nahm die zeitgenössische klassizistische Gestaltungs- und Planungsgrundlagen auf, wie sie Regierungsgeometer Schmitz und Regierungsbaurat Clemen auch beim Stadtumbau in Arnsberg berücksichtigt hatten und die vor allem auch der preußische Oberbaudirektor Karl Friedrich Schinkel in Berlin vertrat.  Im Stadtarchiv Schmallenberg ist ein von Regierungsgeometer Schmitz angefertigter Stadtplan erhalten.  Im neuen, durch ein rechtwinkliges Straßennetz geprägten Plan veränderte sich die Lage der vormaligen Besitzungen. Die alten Grundstücksflächen waren vermessen worden, um eine gerechte Neuverteilung zu ermöglichen. Auch alte Nachbarschaften wurden möglichst beibehalten. So wurde das unbeliebte Losverfahren vermieden.   Die Baukommission, präsidiert von Dr. Clemens Dham, beanstandete bei der Präsentation eine Tatsache des Entwurfs: Sie wünschte sich eine Südverschiebung des leiterartigen Grundrisses, so dass die Kirche nicht an den Rand, sondern innerhalb der Stadt gelegen käme. Dadurch würden auch die stehengebliebenen Gebäude im Südosten besser an die Stadt angeschlossen.  Dieser Wunsch wurde beim Wiederaufbau berücksichtigt.  Ende März wusste bereits jeder Abgebrannte, wo er – laut Plan – sein Haus zu errichten hatte. Nur wenige Bürger waren nicht zufrieden; die restlichen 126 erklärten ihre Zustimmung zum geplanten Neuaufbau der Stadt.


Auszeichnung als Historischer Stadtkern 1990


Später errichtete Neubauten wurden im traditionellen Stil - Fachwerk mit Schieferdächern und Schieferverkleidung - ausgeführt. Bis etwa 1950 gab es davon nur wenige Ausnahmen. Die klassizistische Anlage aus dem 19. Jahrhunderts unter Anpassung an die örtlichen Verhältnisse und das von Fachwerkhäusern und Schieferdächern geprägte Ortsbild führten 1990 zur Aufnahme Schmallenbergs in das Landesprogramm „Historische Stadtkerne in NRW“. Zwar weist Schmallenberg keine mittelalterliche Bausubstanz auf, entstand aber auf einer klassizistischen Planungsgrundlage. Mit der Aufnahme in die Arbeitsgruppe Historische Stadtkerne NRWs verpflichtete sich die Stadt, bei allen Planungen eine besondere Rücksicht auf das baukulturelle Erbe zu nehmen.


Anekdote am Rande


Der Brand zerstörte nicht nur die Häuser, sondern auch die für den Winter eingelagerten Nahrungs- und Futtermittel für Menschen und Tiere. In dieser Notsituation ernährten sich die Einwohner Schmallenbergs von Brei und wurden deshalb von den Bewohnern der Nachbardörfer als „Schmallersken Breybälge“ verspottet. Die Skulptur „Breybalg“ von Werner Klenk (vor dem Rathaus, am südlichen Ende der Weststraße) erinnert an dieses Ereignis.

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